Ortsgeschichte Teil 1, aus alten Akten [Kirchenarchiv] zitiert

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Ortsgeschichte Teil 1, aus alten Akten [Kirchenarchiv] zitiert: 

 

„Varia Statum Ecclesiasticum, Politicum et Oeconomicum hujus Parochie 

Sub Pastoratu M. Kerzigii concernentia, in memoriam Posteritatis annotata. 

[Verschiedenes: den kirchlichen, öffentlichen und wirtschaftlichen Bestand dieser Pfarrei 

unter dem Pastorat von M. Kerzigius zusammengefasst zur Erinnerung an die Nachwelt aufgeschrieben] 

 

Nachdem der damalige Ephorus, Herr D. Jonathan Heller, jetzt hochverdienter Senior in Danzig es für nötig ansah, durch einen anständigen Ortswechsel des bisherigen Pastors, Herrn M. Repmanns, die Streitigkeiten zwischen ihm und der Kirchfahrt zu beenden, und deswegen mich, der ich ihm von meinem vorherigen Pastorat in Dorfchemnitz noch bekannt war, dazu bei der hochlöblichen Oberkonsistorium vorgeschlagen wurde, so ist dieser Antrag so gleich genehmigt worden. Ob ich nun gleich wenige oder fast gar keine zeitlichen Vorteile, gegen meine damalige Pachorie Oberschlema, vor mich sah, so habe ich doch diesen unerwarteten Antrag zwar mit einiger Furcht, doch im Vertrauen auf Gott willig angenommen. Im Jahr 1759 den 3. August, als Dom.[Sonntag] IX p. Trinit. Habe ich meine Probepredigt, und Dom. XXIII p. Trinit. Den 18. Nov. meine Auszugspredigt gehalten. 

Es waren damals höchst unruhige Zeiten. Ein zwischen dem Könige von Preußen und der Kaiserin, Königin von Ungarn entstandener Krieg, bei dessen Anfang die Sächsischen Lande so gleich von dem Könige von Preußen in Depot, wie er es nannte, genommen wurden, währte noch. Bald waren sogenannte Hilfsvölker von der Reichsarmee und Ungarische Truppen, bald Preußen in Lande, und beide mussten von dem Lande versorgt werden. Lieferungen an Korn, Hafer, Heu und Stroh schienen öfters unerschwinglich, die Spannungen zu den Armeen, bei welchen vielmals Pferd und Wagen mussten in Stich gelassen werden, waren übertrieben, die Schanz- und andere Arbeiten beschwerlich, die Boten Stellung für ankommende Patrouillen war überhäuft, und die Turbation [Verwirbelung] von Zehn Commando [militärische Einheit] und einschleichenden Marodeuren stieg vielmal aufs Höchste. Da aber doch die Preußen alle Jahre den Meister spielten und die Winterquartiere behaupteten, so kamen außer diesen gehäuften Forderungen und Pressuren[Bedrückungen] auch jedes Jahr unermessliche Contributionen [Kriegssteuern] und unausstehliche Rekruten Stellung an die Preußischen Truppen dazu, da jährlich hiesiger Gemeinde vier bis fünf Rekruten zu stellen auferlegt wurde. 

Doch hatte hiesige Gemeine vor vielen andern, besonders vor denen welche an ordentlichen Straßen lagen, die vorzügliche Wohltat, dass sie nicht mit Durchzügen und ordentlichen Winterquartieren bedrückt wurde. Wie dann, welches für etwas vorzügliches Gutes zu halten war, in die hiesige Pfarrwohnung kein Soldat gekommen, so dass währenden ganzen Kriegs, außer der Furcht, dass es künftig noch geschehen könnte, ich nebst den Meinigen ganz ruhig gesessen habe. 

Bei diesen Umständen wurde es nun von Zeit zu Zeit teurer, so dass im letzten Jahr, Anno 1763 der Dreßdner Scheffel Korn 15 bis 16 Reichstaler und der Scheffel Hafer 7 bis 8 Reichstaler damaliges Geld galt. Und so war es auch mit anderen Dingen, die zur Notdurft oder Bequemlichkeit erforderlich waren. Eine Klafter 6/4 Holz stieg auf 5 Reichstaler, eine Kanne Butter auf 1 Reichstaler und noch höher  u.s.w.  Ein Kleidungsstück, das sonst für 1 Reichstaler konnte angeschafft werden, war unter 4 bis 5 Reichstaler nicht zu erhalten. 

Freilich war an den anscheinenden fast unglaublich hohen Preisen die neue Kipper-und Wipper-Zeit Schuld. Denn der König von Preußen, (welchem hernach andere deutsche Fürsten nachfolgten,) ließ gleich nach der Einnahme unseres Landes unter Sächsischen Stempeln schlechte Münzen schlagen, die von Jahr zu Jahr geringhaltiger wurden, so dass ein so genanntes Sächsisches 8 Groschen Stück letztlich dem unehrlichen Gehalt nach nicht mehr als 3 Groschen, ein 2 Groschen Stück nicht mehr als 6 Pfennig und ein Groschen nicht mehr als 3 Pfennig wert war. Doch waren dem ungeachtet nach Vergleichung mit alten Münzsorten, die sich allmählich immer mehr verloren und eingeschmolzen wurden, die Preise hoch genug, und es zur Zeit 1 Scheffel Korn doch in guten Geld zu 5 Reichstaler angerechnet werden. Bei dieser Unordnung litten nun im besonderen diejenigen empfindlich, welche ganz oder größten Teils von barer Besoldung leben mussten, indem ihnen ihrer Besoldung in solchem geringen Geld gereicht wurde, indem zur Zeit ein Geistlicher, der 1 Groschen Beichtgeld bekam, nicht mehr als 3 Pfennige erhielt u.s.w. 

So elend nun die damaligen Zeiten schienen, und auch wirklich in Ansehen benannter Umstände und Drangsalen waren, so war doch überall Geld zu verdienen, dass niemand leiden musste. Die Commercia standen im schönsten Flor[Blüte], und es konnten nicht genug Waren verfertigt  und herbei geschafft werden. Die hiesigen Strumpfwirker und Leinweber nährten und mehrten sich ungemein. Jedwede andere Profession hatte ähnliche Verdienste. Nur allein die Bauersleute und andere Hausväter waren gewissermaßen übel daran. Da alles den Fabriquen und Professionen zu lief, so waren Gesinde und Arbeitsleute rar, und mussten überteuert bezahlt und alle Unarten an ihnen erduldet werden. Die geringsten Leute waren Herren und mussten zu dem vielen Gelde noch gute Worte kriegen.“  Fortsetzung folgt! 

Entstehung der Bahnlinie von Chemnitz nach Stollberg


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Wir hatten uns für November/ Dezember vorgenommen, über die Entstehung der Bahnlinie von Chemnitz nach Stollberg zu berichten. Im Oktober 2020 war die Einweihung der Strecke vor 125 Jahren gefeiert worden. Wir hatten auch darüber berichtet und zu der im alten Bahnhofsgebäude in Stollberg organisierten Ausstellung Material zur Verfügung gestellt. Vielleicht haben auch viele Jahnsdorfer Bürger sich diese angesehen. Ich will hier mal für alle anderen etwas auf die Hintergründe und Initiativen zum Bau der Strecke eingehen.

Im Oktober 1887 hat ein Komitee, das in Harthau seinen Sitz hatte, einen Antrag an die Regierung des Königreichs Sachsen geschickt, welcher von 40 Geschäftsleuten und Gemeindevorständen aus den Orten Altchemnitz, Harthau, Klaffenbach, Neukirchen, Adorf, Jahnsdorf, Leukersdorf und Pfaffenhain unterzeichnet war. Darunter waren allein neben dem Gemeindevorstand Lang aus Jahnsdorf noch 5 Geschäftsleute von hier.
Sie bezogen sich auf einen bereits 1867 gestellten Antrag, der schon einen Bauwunsch beinhaltete, aber nicht zum Zuge kam, weil die Errichtung der Bahnlinie Chemnitz- Aue- Adorf V. im benachbarten Zwönitztal von Staats wegen favorisiert wurde. Dabei waren auch schon umfangreiche Vorbereitungsarbeiten von planerischer Seite gemacht worden. Das neue Harthauer Komitee stellte in seinem neuen Antrag umfangreiche Kostenermittlungen für den Bau und späteren Betrieb der Bahn an.
Sie bezogen sich darauf, dass allein in den beiden Kammgarnspinnereien in Harthau 700 Personen beschäftigt waren und es weitere Betriebe wie Eisengießereien, Strumpfwarenfabriken, Färbereien und Mühlen gab.
Es wurde die Variante einer Stichlinie nach Neukirchen bis in Höhe „Stern“ einbezogen, aber eben entgegen der späteren Realisierung, nicht nach Stollberg. Eine Weiterführung der Linie von Jahnsdorf als „Kohlenbahn“ nach Niederwürschnitz oder Lugau wurde als spätere Option offen gelassen.
Die damals schon stark belastete Straßenverbindung Annaberger Chaussee wurde als stark die Wirtschaft behindernde Hürde dargestellt, die nur durch eine Verlagerung des Güter- und Personenverkehrs auf die Schiene entschärft werden könne. Die Kosten für die Herstellung der Bahnlinie würden sich auf 76.000 Mark pro Kilometer belaufen und die Einrechnung des Ertrags hätten damals eine Verzinsung von 4,6 % ergeben. Der Antrag an die Staatsregierung wurde auch durch eine Stellungnahme der Jahnsdorfer Gemeindevorstände mit Datum vom 11.11.1892 bekräftigt. Darin wird ausgeführt, dass im Ort sieben größere Strumpffabriken mit Dampfmaschinen arbeiten und dort 200 Arbeiter in Lohn und Brot sind. Daneben gab es auch noch viele kleine Strumpfproduzenten, die in Handarbeit produzieren. Es wird eingeschätzt, dass sich die Beschäftigtenzahlen nach Eröffnung des Bahnbetriebes weiter erhöhen. Dieses Dokument wurde von 25 Jahnsdorfer Honoratioren unterzeichnet.
Die berechneten Gesamtkosten beliefen sich auf etwas über einer Million Mark. Im März 1892 wurde der Bau der Strecke von der Dresdner Staatsregierung beschlossen. Dabei wurde er sogar auf eine Normalspurbahn erweitert. Der Antrag hatte sich auf eine Schmalspurbahn bezogen und es wurde dann sogar bis Stollberg gebaut. Nicht verwirklicht wurde die Trasse nach Neukirchen.
Im April 1894 lud der Gemeindevorstand Lang zur Grundsteinlegung für das Bahnhofsgebäude ein. Die Kosten für das Gelage betrugen 111 Mark und sind akribisch festgehalten. Innerhalb von dreieinhalb Jahren wurde der Bau der Linie vollendet und im Oktober 1895 in Betrieb genommen. Am 20.9.1895 wurde im Rahmen einer Sonderfahrt durch entsprechende Fachleute aus Staatsregierung und Eisenbahnverwaltung, beginnend halb zwölf Uhr mittags ab Hauptbahnhof Chemnitz, die Strecke bis Stollberg abgefahren, wo man gegen zwei Uhr ankam. Nach einer Besichtigung des Stollberger Rathauses trat die Delegation gegen drei Uhr nachmittags die Rückfahrt nach Chemnitz an. Sie bestätige ein befriedigendes Ergebnis ihrer Abnahme und stimmte für die Eröffnung am 30. September.
Für die Sonderfahrt zur Eröffnung begann in Stollberg der Verkauf von Tickets (Fahrkarten) im Wert von 2 Mark, wo der Fahrpreis und ein Frühstück inbegriffen sein sollte. Außerdem wurde von den Anliegergemeinden dafür gesammelt, den Ehrengästen ein solches Frühstücks Büfett zu sponsern.
Von Jahnsdorf wurden dazu 250 Mark beigesteuert. In Jahnsdorf selbst gab es auch eine große „Bahnweihe“ im Gasthof „Felsenkeller“ (siehe Plakat).
8 Uhr fuhr der Zug also von Stollberg ab und sammelte bis nach Altchemnitz 300 Passagiere ein, allein von unserem Ort 25. Das große Frühstück für alle Fahrgäste die dafür 2 Mark bezahlt hatten, wurde wegen der zu großen Beteiligung abgesagt und der Preis konnte zurück gefordert werden. Kurz vor 12 Uhr mittags trat der Zug dann seine Rückfahrt nach Stollberg an.
Er wurde an jedem Bahnhof von Schulkindern, Vereinen und Bürgern begrüßt. In Jahnsdorf wurde der Festzug zunächst durch den Männergesangsverein begrüßt, dann hielt der Gemeindevorstand Lang eine begeisterte Rede. Unter dem Schwenken von Fahnen der aufgestellten Vereine verließ der Zug dann den Jahnsdorfer Bahnhof in Richtung Pfaffenhain. Kurz vor 1 Uhr traf der Zug in Stollberg ein und die Ehrengäste marschierten durch die geschmückte Stadt in das „Weiße Roß“, wo es ein Festessen mit vielen Trinksprüchen gab. Gegen halb sechs war alles vorbei und die Festgäste traten vom Bahnhof Stollberg die Rückfahrt an. Damit war die Feier zur Einweihung der „Würschnitztalbahn“ beendet und der regelmäßige Zugbetrieb konnte am 1. Oktober 1895 aufgenommen werden. Für den Jahnsdorfer Gemeindevorstand Lang wurde die erste Fahrkarte auf dem Bahnhof ausgestellt.
Wie es mit der Eisenbahn im Ort weiter ging, werden wir in einem der nächsten Beiträge hier im Gemeindeblatt berichten.
Sollte noch jemand wichtige Dokumente dazu beisteuern wollen, können sie gern an unseren Verein weitergegeben werden. Sie sollen dann in geeigneter Form mit eingearbeitet werden. Die vorliegenden Informationen stammen in der Hauptsache aus einer Sammlung der Familie Franz, den jetzigen Besitzern des Bahnhofsgebäudes.
Ansonsten wünschen wir allen Bürgern des Ortes und besonders unseren Heimatfreunden für das begonnene Neue Jahr 2021 alles Gute und diesmal besonders – Gesundheit

Für den Vorstand des Heimatvereins Jahnsdorf e.V. Manfred Kinas


 

Woran man sich in Bezug auf den Bahnhof Jahnsdorf erinnern kann. 

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Die ist kein historisch einwandfreies Forschungsergebnis, sondern lediglich mal eine kleine Erinnerung, was es in Jahnsdorf doch auch mal gegeben hat und wovon man heute nur noch wenig sieht. Ich (Manfred Kinas) kann dies aus meiner Erinnerung schildern, weil ich doch von 1955 bis 1968 direkt neben dem Bahnhofgelände aufgewachsen bin und so viel mitgekriegt habe. Natürlich gibt es noch mehr Menschen, die hier vieles berichten könnten, sie brauchen es nur zu tun. 

Also die Bahnlinie von Chemnitz nach Stollberg wurde am 30.9.1895 geweiht und auf ihr wurde am 1.10. 1895 der reguläre Betrieb aufgenommen. Auf dem Bild 1 ist der ursprüngliche Streckenverlauf vom Altchemnitz bis Zwönitz zu erkennen. Und wie das Bahnhofsgebäude damals aussah, ist auf Bild 2 zu sehen. Es wurde dann noch ein Anbau gemacht, wie das Bild 3 zeigt. Dann gab es da noch das Stahlbauwerk über die Gleise, welches dazu diente, bei den Beladungen die Umrissmaße der Ladung einzuhalten. Es wurde z.b. ja auch Stroh oder Heu auf Waggons verladen oder auch Maschinen. Dies durften die Umrissmaße nicht überschreiten. Im Zweifelsfalle wurden die beladenen Waggons durch dieses Gestell gezogen und mussten, so sie nicht durch passten, umgeladen werden. Das Gestell hatte auf Eisenbahnerdeutsch einen Namen, den ich aber nicht kennen. Es gab auch noch eine Waggonwaage. Sie diente dazu, Waggons auf ihr Ladegewicht zu prüfen, um einmal nicht zu viel geladen zu haben, die Waggons hatten ein zulässiges Gesamtgewicht, aber eben auch bei Waggonverladungen das versendete Warengewicht einzuhalten. Dies war neben anderen Ladungen bei Schüttgütern wie den Steinen aus dem Leukersdorfer Steinbruch wichtig. 

Natürlich waren die Jahnsdorfer stolz auf den Bahnhof. Er wurde auch auf die aktuellen Ansichtskarten übernommen Bild 4. Der Arbeitsplatz eines damaligen Bahnhofsvorstehers zeigt uns das Bild 5. Der Jahnsdorfer Bahnhof hatte 4 Gleise. Zwei davon mit Bahnsteigen, die genutzt wurden, wenn sich Personenzüge begegneten, ein Rangiergleis und ein Verladegleis mit Kopframpe. Das Bild 6 zeigt uns, welche spektakulären Transportaufgaben im Rahmen der Industrialisierung des Ortes zu bewältigen waren. Im Hintergrund sehen wir hier den Güterschuppen, der der Annahme und Ausgabe von Stückgutsendungen diente, also solche Sendungen, die keinen ganzen Waggon beanspruchten. Hier hatten mehrere Bahnmitarbeiter ihren Arbeitsplatz, der über nur geringe technische Hilfsmittel wie Sackkarre oder Ladebrücke zum Transport der Güter vom Anlieferfahrzeug über den Güterboden in den Waggon oder andersrum dienten. Da herrschte auch ein reger Betrieb. So hatte ein Betrieb wie die Erzgebirgischen Wirkwaren jeden Tag einen LKW halbtags dazu abgestellt, die abgerufenen Kisten mit Waren für das Inland vom Versand auf der Parkstraße dorthin zu bringen und jeweils angelieferte Leergutkisten wieder in den Betrieb zu schaffen. 

Der Streckenverlauf aus Richtung Stollberg vor dem Bahnübergang beim Helbig Gut ist auf dem Bild 7 zu sehen. 

Vor dem Güterschuppen war ein Lagerschuppen der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft BHG angebaut (Bild 8), Zu DDR- Zeiten diente das Gebäude der Annahme von Gütern für die Versorgung der Bauern mit den Waren, die sie für ihre Wirtschaften brauchten, wie Dünger, Pflanzkartoffeln und auch Brennstoffe, also Briketts und Braunkohle. Aber auch, und daran werden sich viele noch erinnern, Baustoffe wie Sand Ziegel, Holz, Zement oder Kalk und vieles mehr. Gegenüber war eine Baracke errichtet worden, wo einmal die Verwaltung der BHG mit ihrer Bank untergebracht war, aber auch ein Laden, der je nach Rührigkeit des BHG- Leiters und der Verfügbarkeit in der Volkswirtschaft viele Waren des täglichen Bedarfs auf dem Dorf vorrätig hatte. Vielen Jahnsdorfern bekannt ist der langjährigen Leiter der BHG, der ja auch Mitglied im Heimatverein ist- der Decker, Kurt. 

Auf dem Güterbahnhof wurden aber auch viele Güter auf der Ladestraße ausgeladen, die den ansässigen Kohlehändlern gehörten. So bekamen hierher die Kohlehändler Rohde bzw. Bonitz aus Jahnsdorf, Hegewald aus Adorf, Lange aus Pfaffenhain und Krüger aus Meinersdorf Waggons mit den Brennstoffen geliefert, die anfangs per Hand bzw. mit Gabeln aus den Waggons z.T in bereitgestellte Hänger oder auf Haufen neben den Gleisen auf die Ladenstraße geschaufelt werden mussten. Aber auch andere Schüttgüter wie Sand, Kalk usw. wurden so zwischengelagert. Da gabs auch paarmal Probleme, als sich im Sommer hier zwischengelagerte Braunkohle selbst entzündete und von der örtlichen Feuerwehr gelöscht und dazu z.T. um geschaufelt werden musste. Die entladenen Waggons wurden dann nach Abnahme auf Besenreinheit durch das Bahnhofspersonal wieder für Beladungen durch Betriebe bereitgestellt. Deshalb gab es auch ein enges Zeitfenster, in der die Entladungen aber dann auch die Beladungen durchgeführt werden mussten, denn es war festgelegt von der Bahnverwaltung, welcher nächster Güterzug den Waggon wieder mitnehmen sollte. Bei Zeitverzug gab es die Berechnung erheblichen Standgeldes. Bild 9 und 10 zeigen ein wenig von der Ladetätigkeit auf der Güterstraße. Es war also stets ein ganz schönes Gerangel auf der Ladestraße. Die Betriebe hatten ihren Bedarf an Waggons bei der Bahnhofsverwaltung anzumelden und warteten dann darauf, Nachricht über die Bereitstellung zu erhalten. Das konnte auch an den Wochenenden sein und war für die Planerfüllung wichtig. Der Steinbruch Leukersdorf rückte in der ersten Zeit mit einem Verladekommando an, wenn Waggons bereitgestellt wurden. Den Transport vom Steinbruch übernahm in der Regel die Firma Weber mit ihren anfangs abenteuerlichen Fahrzeugen wie der Hanomag Zugmaschine, die der Weber Richard fuhr und die Hartgummireifen hatte und die Anhänger zum Teil keine Bremse und das den damals so genannten Waldberg herunter. Die Steine wurden dann vom Verladekommando per Steingabel oder bei Packlager für den Straßenbau per Hand vom Transporthänger in den Waggon geladen mit Gewichtskontrolle über die vorher beschriebene Waggonwaage. Später, als zum Transport vom Steinbruch Kippfahrzeuge zur Verfügung standen, wurde über die Kopframpe auf die Waggons aufgefahren und abgekippt, was wegen der Enge der Waggons eine Gefahr für die LKW- Reifen darstellte und davon gabs ja auch zu wenig. 

Es kamen am Tag mehrere Güterzüge auf dem Bahnhof an. Der erste kam vormittags gegen 10.00 und dann noch weitere im Laufe des Tages. Gegen 19.00 Uhr, kam nochmal einer aus Chemnitz und brachte eventuell wieder beladene Waggons zur Entladung oder auch leere, die hier beladen werden sollten. Das war natürlich die unbeliebteste Zeit bei allen, die damit zu tun hatten, weil es ja außerhalb der normalen Arbeitszeit lag. 

Interessant war immer die Rangiererei an den Sonntagen. Die Rangierleiter hatten immer eine Trillerpfeife im Mund und gaben damit ihre Signale an den Lokführer. Die Pfiffe irritierten die Fußballspieler auf dem Sportplatz und es kam zu Missverständnissen, wer denn nun gepfiffen hatte: der Rangierleiter oder der Schiedsrichter. 

Nun noch einige Worte zur Zugfrequenz in der mir bekannten Blütezeit des Personenzugverkehrs. 

Es begann früh mit der ersten Personenzugbegegnung um 5.00Uhr, um 5.45 Uhr kam der nächste aus Richtung Chemnitz, um 6.00 wieder einer aus Stollberg. Dann kam es halb acht zu einer Begegnung zweier Züge und dann war Pause bis halb eins, wo wieder einer aus Stollberg kam. Der nächste kam um drei aus Chemnitz mit den ersten Schichtarbeitern der Frühschicht und dreiviertel vier wieder zurück. Dreiviertel fünf kam dann der Hauptteil der Arbeiter aus Chemnitz mit dem Zug zurück und es war eine regelrechte Völkerwanderung die Hauptstraße aufwärts. Dreiviertelsechs kam ein weiterer Zug aus Stollberg, der sich in Neukirchen mit dem Zug traf, der um sechs bei uns aus Chemnitz eintraf. Halb acht dann noch einer aus Stollberg in Richtung Chemnitz und dann um elf und dann halb eins in der Nacht jeweils einer aus Chemnitz. Der letzte war dann der berüchtigte Heimbringer für die Besucher des sonnabendlichen Tanzes in der „Aue“. Da gabs dann auch mal Zeiten, da wollte kein Zugführer mehr fahren, weil randaliert wurde. Zweimal wurde der Zug sogar auf freier Strecke angehalten, weil sich Jugendliche Zugang zur Lok verschafft hatten. 

Bis in die 50er Jahre ging die Strecke sogar von Stollberg noch bis Zwönitz, wobei da nach dem Krieg schon Gleise zu Reparationszwecken abgebaut worden waren, die aber wegen dem Wismut Verkehr nach zwei Jahren wieder eingebaut wurden. Die Strecke von Stollberg wurde aber anfangs der 60er Jahre wieder stillgelegt und demontiert, weil der Wismut Bergbau langsam zurück ging 

Es gab in der Zeit auch Episoden, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. So war das Überschreiten der Gleise streng verboten. Aus Bequemlichkeit, um Wege einzusparen, nutzten viele Fahrgäste, besonders im Berufsverkehr, den Weg am Güterschuppen, um die Strecke über die Hauptstraße abzukürzen, wenn sie dorfaufwärts wollten. Das war eben verboten und die Bahnpolizei war hier oft mit Hunden zugange und strafte erwischte Leute ab. Ab und zu gabs auch mal Zwischenfälle, die den normalen Ablauf durcheinanderbrachten. So war mal eine Lok beim Rangieren zu schnell an den anzuhängenden Waggon geknallt und der dann so sehr angeschubst worden, dass er bis nach Neukirchen alleine rollte. Da war Aufruhr, weil ja ein Schuldiger gefunden werden musste. Oder auch bei Entgleisungen von Loks, da wurde allerhand große Technik angefahren, die die Schäden beheben musste. Und dann die Winter. In den 1960er Jahren war ein Personenzug zwischen Jahnsdorf und Pfaffenhain im Schnee stecken geblieben und wurde von Leuten aus dem Ort, die ja nicht auf Arbeit nach Chemnitz fahren konnten, wieder freigeschaufelt (Bilder 11/ 12). Das nächste Bild (13) zeigt den befreiten Zug und rechts das Lasch-Max- Haus, welches heute auch nicht mehr steht. Hier ist jetzt der Haltepunkt und der Parkplatz. 

1962 war dann auf dem Güterbahnhof noch eine interessante Sache zu sehen, als die NVA eine Übung in unserem Gebiet abhielt und auf dem Bahnhof Güterzüge mit Panzern ankamen, die über die Kopframpe entladen wurden und dann die Güterbahnhofstraße runter und in Richtung Schrebergarten fuhren. Hier blieben sie über Nacht stehen, um dann am nächsten Tag im Rahmen der Übung den Jahnsdorfer Fichtelberg zu stürmen. 

So war immer etwas los in der Umgebung des Bahnhofs. 

Anfangs der 1970er Jahre ging es dann rückwärts. Der Güterverkehr wurde zurückgefahren. Der Stückgutverkehr wurde eingestellt. Die Waren wurden jetzt alle über Hohenstein abgewickelt. Dazu kam jeden Tag ein LKW von dort und holte Stückgutsendungen direkt bei den Betrieben ab. 

Auch die Kohlehändler bekamen ihre Sendungen nicht mehr hierher, sondern holten die Brennstoffe ebenfalls in Hohenstein ab. Viele Sendungen, die per Waggon kamen, wurden dann in Stollberg entladen und hier war dann auch die Verladung von Jahnsdorfer Lieferungen. 

Die Güterbahnhofstraße wurde dann zeitweise zum Abstellen von großen Versandkisten mit Maschinen aus Chemnitzer Betrieben, die aus irgendeinem Grund nicht exportiert werden konnten, genutzt. So wurde auch über lange Zeit das Verladegleis mal mit neuen Kesselwaggons vollgestellt, die auch keinen Absatz gefunden hatte. 

So ging es dann weiter bergab, bis der Zugverkehr auf der Strecke nach der Wende ganz eingestellt wurde. 

1995 wurde nochmal des 100-jährigen Bestehens der Strecke mit einer Sonderfahrt gedacht, nachdem sie nochmal ertüchtigt wurde. Bilder 14-19

Und dann wurde 1998 die City- Bahn in Betrieb genommen. Die folgenden Bilder zeigen den neugestalteten Haltepunkt Jahnsdorf. Und auch das Umfeld, wie das Gelände der BHG, wurden umgestaltet. So richtig hatten wir uns damals nicht vorstellen können, dass das alles funktioniert, aber die Strecke wird angenommen, besonders durch die Schulkinder, aber auch in Richtung Chemnitz, wenn man sich die Parkplatzprobleme in der Stadt sparen will. Aber die Zeiten, wo nach Eintreffen der sogenannten Arbeiterzüge eine Caravane von Menschen die Dorfstraße hochlief, ist für immer vorbei. 

Manfred Kinas 

 

 

Die Geschichte zu den Bildern gibst oben. 

Bild 1

Bild 2

Bild 3

Bild 4

Bild 5

Bild 6

Bild 7

Bild 8

Bild 9

Bild 10

Bild 11

Bild 12

Bild 13

Bild 14

Bild 15

Bild 16

Bild 17

Bild 18

Bild 19